"Wenn es Nigeria schafft, dann kann dieses Land ganz Afrika helfen." Dieses Selbstverständnis ist weit verbreitet im westafrikanischen Staat. Das bevölkerungsreichste Land Afrikas ist fast dreimal so groß wie Deutschland, seine Metropole Lagos gehört zu den größten Städten der Welt. Vor zehn Jahren löste der von China befeuerte Rohstoffboom Wachstumsschübe aus. Davon ist inzwischen jedoch nichts mehr zu spüren. Wie andere Länder der Region konzentrierte sich Nigeria nur auf einen einzigen Rohstoff, das Erdöl. Der Aufbau weiterer Industriezweige fand nicht statt. Investoren verlassen deshalb das Land. Korruption, politische Unsicherheit und massive Gewaltausbrüche tun ihr Übriges. Besonders im mehrheitlich von Muslimen bewohnten Norden gibt es immer wieder Überfälle und Entführungen durch islamistische Gruppen. Ziel sind hauptsächlich christliche Dörfer, Kirchen und Schulen. Angst und Schrecken herrschen in vielen Regionen.
Obwohl in Nigeria allgemeine Schulpflicht bis zur 9. Klasse besteht und der Schulbesuch fast kostenlos ist, besuchen nur etwa 60 Prozent der Grundschüler regelmäßig den Unterricht. Die Qualität der Schulbildung ist dürftig: marode Schulgebäude, fehlendes Lehrmaterial, überfüllte Klassen, zu wenige und mangelhaft ausgebildete Lehrer. Der Staat investiert nicht genug in den Bildungssektor. Das ist fatal, denn Bildung kann Extremismus vorbeugen und ist der Schlüssel zu einem Ausbruch aus dem Armutskreislauf.
Lamis Mutter möchte nicht, dass sie in die Schule geht. Sie verlässt sich auf die Hilfe ihrer Tochter im Haushalt. Doch immer wieder stiehlt die 11-Jährige sich davon und läuft zur Schule. Einige Freundinnen und Cousinen von Lami dürfen als Schülerinnen dorthin gehen. Sie alle gehören zum Stamm der Fulani. Dort ist es nicht üblich, dass Kinder zur Schule gehen. Seit Generationen sind die Fulani nomadische Viehhirten. Doch die fortschreitende Wüstenbildung macht ihnen und ihren Herden das Leben immer schwerer. Wie gerne würde Lami die Erlaubnis bekommen, ebenfalls lesen, schreiben und rechnen zu lernen.
Jetzt hat der Lehrer Lami gesehen. Er erlaubt ihr, sich zu setzen, gibt ihr ein Heft und einen Stift. Zuerst weiß Lami nichts damit anzufangen. Noch nie hat sie einen Stift in der Hand gehalten. Dann, langsam, macht sie Fortschritte. Sie hat viel aufzuholen, doch ihre Lernwilligkeit ist groß. Auch Lamis Mutter muss schließlich angesichts der Hartnäckigkeit ihrer Tochter nachgeben, sodass das Mädchen nun offiziell jeden Tag in die Schule gehen kann.
Bildung, Hoffnung, Chancen auf eine bessere Zukunft - das will "Baobab", die Initiative für Kinder, Jugendliche und Familien in Nigeria. Die Gründer von "Baobab", Elijah und Judith Ochoje, engagieren sich zusammen mit GAiN seit vielen Jahren in Nigeria. Judith ist ausgebildete Lehrerin und Elijah hat einen Abschluss in Agrarwissenschaften. Nun haben sie ein neues Bildungszentrum gegründet, das benachteiligten Kindern eine qualitativ hochwertige, kostenlose Bildung bieten soll. Die Schulgebäude für die Grundschule sind inzwischen fertiggestellt. Die ersten Schulklassen haben im September 2023 angefangen. Kontinuierlich sollen nun neue Schüler dazukommen. Auch Lehrerfortbildungen für interne und externe Lehrkräfte gehören zum Konzept des Bildungszentrums. Auf dem großzügigen Schulgelände wird außerdem Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit der Elternschaft betrieben. Die Erträge werden u.a. für die Schulspeisung verwendet und sollen akute Bedürfnisse der ärmlichen Bevölkerung im Umkreis der Schule stillen.